8. Landesweiter Tag der Genderforschung 2018: Nachlese und Impressionen
8. November 2018 ǀ Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Zum 8. Landesweiten Tag der Genderforschung trafen sich Geschlechterforscher*innen und Interessierte an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, wo die Expert*innen und Wissenschaftler*innen ihre Forschungs- und Praxisprojekte vorstellten.
Nach der Eröffnung durch Michaela Frohberg, der Leiterin der Koordinierungsstelle, richtete Frau Prof.in Monika Brunner-Weinzierl, Prorektorin für Forschung, Technologie und Chancengleichheit, das Grußwort an die Teilnehmenden und betonte darin die Rolle des landesweiten Tages für die Vernetzung und Förderung der Geschlechterforschung in Sachsen-Anhalt.
Den Auftakt der Tagung machte die feierliche Verleihung des „Förderpreises für Abschluss- und Qualifikationsarbeiten mit Genderaspekt“ durch das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt und die KGC. Staatssekretär Hubert Böning hob in seiner Laudatio Geschlechtergerechtigkeit als Grundsäule der Demokratie hervor, für deren Verwirklichung die Berücksichtigung der Geschlechterperspektive und damit auch die Erkenntnisse der Geschlechterforschung eine entscheidende Rolle spielen. „ Sie hinterfragt eingefahrene Denkmuster, die zu Ungerechtigkeiten führen. Hier muss noch viel Arbeit geleistet werden und wir setzen dabei auf die Unterstützung der Forschung“, so Böning weiter.
Ausgezeichnet wurden in diesem Jahr diese beiden Preisträgerinnen mit ihren herausragenden Dissertationen:
Astrid Kempe mit ihrer juristischen Forschung zu „Lückenhaftigkeit und Reform des deutschen Sexualstrafrechts vor dem Hintergrund der Istanbul-Konvention“ (Martin-Luther-Universität halle-Wittenberg, Lehrstuhl für Strafrecht). In ihrer Arbeit befasst sie sich mit der jüngsten Reform des deutschen Sexualstrafrechts vor dem Hintergrund des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen einschließlich häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention).
Mareike Fingerhut-Säck mit einer historischen Forschung zu „Pietismus ´von oben´. Seine Einführung und Konsolidierung 1710 bis 1771 in der Grafschaft Wernigerode durch das Grafenehepaar Sophie Charlotte (1695-1762) und Christian Ernst (1691-1771) zu Stolberg-Wernigerode“ (Dissertation an der OvGU, Fakultät für Humanwissenschaften (FHW) Institut für Geschichte). Mit ihrer Dissertation gibt sie einen tieferen Einblick in die Lebenswelt adeliger Ehepaare im Pietismus und wirft dabei einen analytischen Blick auf den spezifisch weiblichen Anteil an der pietistischen Frömmigkeit.
Im ersten Vortrag “Wandel von Geschlechter- und Gleichstellungspolitiken? - Rechtspopulistischer Antifeminismus in der parlamentarischen Praxis im Landtag von Sachsen-Anhalt” stellte Jenny-Antonia Schulz, Diplom-Politologin an der Freien Universität Berlin, ihr Dissertationsprojekt vor. Aus feministischer Perspektive untersucht sie unter anderem, wie der Einzug rechtspopulistischer Parteien die Debattenkultur und die parlamentarische Praxis in Landtagen verändert und präsentierte erste Ergebnisse anhand des Fallbeispiels Sachsen-Anhalt.
Anita Henneberger, Doktorandin am Lehrstuhl Geschichte der Neuzeit mit dem Schwerpunkt Geschlechterforschung der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, präsentierte nach der Mittagspause ihr Dissertationsprojekt „Unsre schon erlangte Freude in Trauer zu verwandeln.“ - Der Kindstod in der Dynastie der Ernestiner von 1600 bis 1800. In ihren Ausführungen machte sie die Bedeutung einer geschlechtsspezifischen Untersuchung des Kindstodes für soziologische und ethnologische Frauen- und Geschlechterforschung deutlich.
In der Postersession wurden folgende Projekte aus Genderforschung und Gleichstellung vorgestellt:
Medienkoffer "Geschlechtervielfalt in Einrichtungen der frühkindlichen Bildung, in Grundschulen und |
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gender*bildetEin Projekt der Gleichstellungsbeauftragten der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zur Verankerung von Genderaspekten in Lehre und Forschung begleitendes Studienprogramm |
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Präventionsstelle Sexualisierte Diskriminierung |
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"Neue Perspektiven: Potenziale der Genderforschung in den MINT- und Humanwissenschaft"enInterdisiplinäre Ringvorlesung im Wintersemester 2018/19 an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg |
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Projekt GenderMed
Integration von geschlechtsspezifischer Medizin in die Curricula der Studiengänge der Medizinischen Fakultät Katharina Clever & Gabriele Meyer ǀ Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft ǀ Medizinische Fakultät ǀ Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg & Universitätsklinikum Halle (Saale) |
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"Ich bin gut, so wie ich bin!"Forschungsprojekt zum Zusammenhang zwischen Self-Compassion und Weiblichkeitsnormen und Möglichkeiten zur Stärkung von Frauen |
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Gender x InformatikFörderung von Vernetzung und Dialog in der Forschung. BMBF-gefördertes Projekt |
Nach der Kaffeepause stellten Linda Vieback, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich für Berufs- und Betriebspädagogik der OVGU und Stefan Brämer, Institut für Mikro- und Sensorsysteme der OVGU, das Projekt investMINT und erste Erkenntnisse aus ihrer quantitativen Befragung zum “Elterlichen Einfluss auf das MINT-Interesse von Schülerinnen”.
Abschließend präsentierte Stella Rüger vom Institut für Pädagogik der Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg ihr Dissertationsprojekt “Subjektivierung im Kontext von Beratung für Migrant*innen mit Behinderung. Eine intersektionale Perspektive auf Positionierungen entlang von Migration, Behinderung und Geschlecht”.
Die vorgestellten Forschungs- und Praxisprojekte machten zum einen die Bandbreite von geschlechtersensiblen Fragestellungen und Gegenständen sowie die gesellschaftskritische Relevanz und das wachsende Innovationspotential von Geschlechterforschung deutlich.
Den Abschluss der Tagung bildete ein Blick auf weitere Aktivitäten im Bereich der Geschlechterforschung, wie die Online-Plattform Gendercampus Sachsen-Anhalt. Auf dieser werden Veranstaltungen rund um die Themen Gender, Feminismus & Diversity sowie die immer weiter wachsende Vielfalt von Lehrangeboten und Forschungsprojekten mit Genderperspektive öffentlich gemacht werden.
Damit machten Michaela Frohberg und das Moderationsteam deutlich, dass sich im Bereich Genderforschung viel tut in Sachsen-Anhalt, was nicht zletzt auch das Interesse am Landesweiten Tages und der Interdisziplinären Nachwuchstagung „Wie forsche ich in meinem Fach mit Geschlechterperspektive? deutlich machen.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Beteiligten, besonders bei den Referierenden und den Postereinreichenden, für eine gelungene und erkenntnisreiche Tagung und freuen uns auf den 9. Landesweiten Tag der Genderforschung.