Erfolgreiche Hochschulen brauchen erfolgreiche Gleichstellung
Kooperationsveranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen und der Koordinierungsstelle Genderforschung & Chancengleichheit Sachsen-Anhalt
Wieviel Gleichstellung brauchen Hochschulen?
Was braucht es von politischer Seite, um Gleichstellungsarbeit an den Hochschulen zu stärken?
Und wie geht geschlechtergerechte Wissenschaftspolitik mit der Wahrung der Autonomie der Hochschulen zusammen?
Diese und weitere Fragen wurden am 7. Juni 2017 auf der Veranstaltung „Erfolgreiche Hochschulen brauchen erfolgreiche Gleichstellung“ von Vertreter*innen aus Politik, Hochschulleitung und Gleichstellungsarbeit diskutiert. Anlass für diese Diskussion war der aktuell laufende Novellierungsprozess des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt. Erste Antworten gab Prof. Dr. Armin Willingmann, Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt, in seinem Grußwort. Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen sei eine „volkswirtschaftliche Vernunft“ und um diese auch in Wissenschaft und Forschung umsetzen zu können sei ein „modernes Hochschulgesetz“ notwendig, welches die Gleichstellung an den Hochschulen Sachsen-Anhalts stärkt. Er begrüßte die gute Zusammenarbeit mit der Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragte der Hochschulen Sachsen-Anhalts (LaKoG) im Rahmen des Novellierungsprozesses und hält die von der LaKoG und der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) vorgebrachten Vorschläge und Forderungen – bspw. das Stimmrecht für Gleichstellungsbeauftragte in Berufungsverfahren sowie die berufungsfördernde Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten - für „keineswegs überzogen“, sondern wichtig und sinnvoll.
Im Anschluss stellten Sahra Damus, Zentrale Gleichstellungsbeauftragte der Europa-Universität Frankfurt (Oder) sowie stellvertretende Sprecherin der Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten an brandenburgischen Hochschulen und Annika Kirchhoff, Leiterin der Koordinierungsstelle zur Förderung der Chancengleichheit an sächsischen Universitäten und Hochschulen, gleichstellungsrelevante Aspekte in den Hochschulgesetzen ihrer Bundesländer vor. Beide lieferten damit wichtige Impulse für weitere gleichstellungsfördernde Novellierungsvorschläge, bspw. hinsichtlich gendergerechter Sprache, aktiver Rekrutierung und der Förderung von Genderforschung. Auf der Basis der Beispiele wurde im Podium über das Spannungsverhältnis von Wissenschaftspolitik und Gleichstellungspraxis an den Hochschulen sowie notwendige Strategien diskutiert.
Eine grundlegende Problematik im Diskurs über Geschlechtergerechtigkeit läge darin, dass der Begriff Gleichstellung oft als „Gleichmacherei“ missverstanden würde, so Dr. Sandra Tiefel, zentrale Gleichstellungsbeauftragte der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Dabei gehe es vielmehr um Vielfalt, den Abbau von Barrieren und Diskriminierungen. Da letztere für Frauen hinsichtlich akademischer Karrieren noch immer höher sind, werden diese stärker in den Blick genommen, so Tiefel weiter.
Uwe Paul, Referatsleiter im Referat 43 Hochschulmedizin, Hochschulrecht und Hochschulgesetzgebung, bekräftigte das Bemühen der SPD um die Umsetzung gleichstellungspolitischer Rahmenbedingungen im Hochschulgesetz im Zuge der Novellierung. Gleichzeitig gab er aber auch zu bedenken, dass „wir damit nicht in die Köpfe kommen, aber genau das notwendig ist, um ins Bewusstsein der Hochschulleitungen vorzudringen“. Nur dadurch können strukturelle Veränderungen hin zu mehr Chancengleichheit erreicht werden. Gleichstellungspolitische Instanzen auf der Leitungsebene, wie es sie bspw. an den beiden Universitäten des Landes in Form von Rektoratskommissionen gibt, seien hierfür notwendig. Auch Sandra Tiefel bestätigte, dass es klare Verantwortlichkeiten auf der Hochschulleitungsebene und zudem größere Verbindlichkeiten für die Gleichstellungsarbeit geben müsse und betonte in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit von Standards bei der Ausstattung der Gleichstellungsbeauftragten an allen Hochschulen. Hierzu gehöre laut Dr. Katja Pähle, Vorsitzende und wissenschaftspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, auch die Schaffung von Referent*innenstellen zur Unterstützung der Gleichstellungsarbeit und zur Wahrung „verfestigter Kontinuität“.
Michaela Frohberg stellte in ihrer Rolle als Leiterin der Koordinierungsstelle Genderforschung und Chancengleichheit die Frage nach der Bedeutung der Genderforschung. Auf dem Podium herrschte Einigkeit darüber, dass wissenschaftliche Erkenntnisse der Geschlechterforschung die theoretisch und empirisch fundierte Basis für gezielte und effektive Gleichstellungspolitik liefern und daher ein Bekenntnis der Hochschulen zur Genderforschung auch mit entsprechenden Denominationen in unterschiedlichen Fachbereichen erfolgen sollte. Zum Abschluss des Abends wurde eine Aussage Prof. Dr. Wolfgang Auhagens, Prorektor für Struktur und strategische Entwicklung und Chancengleichheit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, als richtungsweisendes und zusammenfassendes Plädoyer noch einmal vorgebracht: „Gleichstellung ist keine Bedrohung, sondern eine Chance“ und diese sollte von den Hochschulen in Sachsen-Anhalt für eine erfolgreiche Arbeit genutzt werden.