Interview mit Michelle Bieber (Mentee in MeCoSa 2021)

Das Interview fand am 9. Dezember 2021 statt. Interviewerin war Jana Haselhorst.

 

I: Du hast bei uns am Mentoring teilgenommen. Wie kam es zu deiner Entscheidung?

M: Als ich auf die MeCoSa Webseite gekommen bin, habe ich mich erst mal umgeschaut, was es alles gibt. Dort habe ich das Mentoring entdeckt und mir erst einmal alles durchgelesen. Ich fand ich es unheimlich spannend, mit einer Person zusammengebracht zu werden, die viel Erfahrung hat und von deren Erfahrungen und Erlebnissen ich profitieren könnte. Da ich es so spannend fand, dachte ich, dass ich es einfach mal ausprobiere.

 

I: Als du mit dem Mentoring bei uns angefangen hast, war es mit dem Matching so, wie du es dir vorgestellt hast?

M: Als ich angefangen habe, hätte ich niemanden direkt nennen können, der für mich als Mentor*in geeignet ist. Ich habe Vorschläge bekommen, dann aber doch 3 Wochen dagesessen und niemanden angeschrieben. Das war zum einen wegen der Angst eine Absage zu bekommen und zum anderen hatte ich das Gefühl, dass noch nicht die richtige Person dabei war.

Ich hatte das Gefühl, dass ich noch nicht so weit war. Ich dachte: Ich warte jetzt einfach bis die passende Person für mich kommt. Kurze Zeit später habe ich an einem Workshop teilgenommen und dadurch meine Mentorin getroffen. In dem Moment, als ich sie kennengelernt habe, wusste ich, dass sie die Mentorin ist, die ich an meiner Seite brauche. Bei ihr hatte ich das Gefühl auf einer Wellenlänge zu sein. Ich wusste, dass das die Person ist, die ich haben möchte und dann habe ich sie einfach gefragt.

Ich denke, dass die Passung zwischen einer Mentee und Mentorin das Wichtigste an der ganzen Sache ist. Wenn sie nicht irgendwie miteinander kompatibel verbindbar sind, ihnen ähnliche Erfahrungen oder Antriebe fehlen, dann glaube ich, dass ein Mentoring schwieriger wird.

Ein wichtiger Punkt zum Erfolg des Mentoring war für mich, dass ich mir die Zeit nehmen durfte zu schauen, wer für mich passt. Ich musste das nicht sofort entscheiden.

 

I: Du hattest ja das Glück, sogar 2 Mentorinnen zu bekommen. Wie kam es dazu?

M: Ja, ich habe das Glück, gleich 2 Mentorinnen an meiner Seite zu haben. Meine erste Mentorin habe ich in einem Workshop kennengelernt. An dieser Stelle habe ich auch einen Tipp für andere: Es kann hilfreich sein, viele Workshops und Veranstaltungen zu besuchen, da man dort eventuell jemanden kennenlernt, der zu einem passt und sich als Mentor*in zur Verfügung stellt. Dann einfach diese Person anschreiben und sagen, dass man die Person gern als Mentor*in hätte.

Meine zweite Mentorin hatte ich ursprünglich für etwas Anderes angefragt - es ging um Karrierestrategien. Bei einem Termin in ihrem Büro haben wir uns unterhalten und dann fragte sie mich, ob sie meine Mentorin werden kann. Ich habe ja gesagt. Das passiert einem sonst ja eigentlich nicht. Wir haben uns auch von Anfang an wirklich gut verstanden und ich habe gemerkt, dass mir beide Mentorinnen von der Energie und Zielstrebigkeit her ähneln, auch wenn sie unterschiedliche Herangehensweisen haben. Während die eine eher energetisch strahlend ist, ist die andere ganz strukturiert in ihrer Art. Ich habe das Gefühl, dass diese 2 Seiten auch in mir stecken.

Beide Mentorinnen stehen mir zur Seite und mir helfen, voranzukommen, aber jede auf ihre Weise. Am Anfang hatte ich Angst, dass ich mit beiden vielleicht die gleichen Gespräche führen würde, aber das war überhaupt nicht der Fall. Währenddessen mir eine strategisch mit Tools geholfen hat, konnte ich mit der anderen vor allem über persönliche Themen reden.

 

I: Um welche Themen ging es in deinem Mentoring grob gesagt?

M: Da ich zu dieser Zeit im Übergang von meinem Masterabschluss zu meiner Doktorandenstelle war, ging es um Work-Life-Balance und Entscheidungshilfe. Es ging darum, für welche Stelle ich mich entscheide oder ob ich mir sogar 2 Stellen zutraue. Mir war auch wichtig, dass ich mich dabei nicht selbst aus den Augen verliere und einen Ausgleich finde. Und auch Persönlichkeitsarbeit und Selbstentwicklung waren ein Thema.

Mit einer meiner Mentorinnen ging es um die strategische Zukunftsplanung. Hier kamen dann Fragen auf wie: Was passiert nach meiner Promotion? Wo soll es dann für mich hingehen? Was muss ich dafür tun? Wie kann ich dafür den richtigen Weg einschlagen?

Weitere Fragen waren außerdem: Welche Tools gibt es für ein besseres Selbstmanagement? Wie kann man das Projektmanagement besser gestalten?

Neben all diesen Themen kamen wir auch auf das Thema der Familienplanung.

Hier habe ich gemerkt, dass es gut war, 2 unterschiedliche Mentorinnen zu haben. Eine, die keine Kinder hat und auch nicht möchte und die andere, die ein Kind hat und auch wollte. Sich da unterschiedliche Meinungen und Ansichten anzuhören, war für mich wirklich hilfreich.

 

I: Was würdest du sagen, war dein Highlight im Mentoring? Was hast du für dich mitgenommen?

M: Als mich eine meiner Mentorinnen gefragt hat, ob sie meine Mentorin sein darf. Das war ein Moment, auf den ich im Leben nicht vorbereitet war. Aber auch ins Mentoring zu gehen, meiner Mentorin davon zu erzählen, wie es mir gerade geht, wie meine Situation gerade ist und mir dann kleine Anstöße zu geben, weil sie es selbst kennt, da sie selbst schon in einer ähnlichen Situation war. Mir neue Denkmuster mitzugeben bzw. mir andere Möglichkeiten von der Situation, in der ich mich befinde, aufzuzeigen.

Und dann natürlich auch Sätze von meinen Mentorinnen, die mich berühren, wie z.B. „Impraise the imperfection“ - ein Satz, der mich daran erinnert, dass man nicht perfekt sein muss. Denn Perfektionismus hindert einen nur daran zu wachsen. Das sind Sätze, die mich nun täglich begleiten und die mir dabei auch helfen, meinen Weg zu gehen.

 

I: Wann seid ihr mit dem Mentoring gestartet und wie oft habt ihr euch getroffen?

M: Mein Mentoring hat, glaube ich, erst im Juli oder August angefangen und mit einer meiner Mentorinnen habe ich mich ca. alle 2 Monate per Online-Videotelefonie getroffen. Mit meiner anderen Mentorin habe ich mich zunächst persönlich getroffen. Durch Corona konnten wir uns dann nur noch Online verabreden und treffen. Wir haben uns ca. 1 Mal im Monat zu einem Online-Gespräch getroffen.

 

I: Habt ihr einen Zeitrahmen für das Mentoring festgelegt?

M: Ja, in beiden Mentorings haben wir erst einmal ein Jahr festgelegt und schauen dann weiter.

 

I: Wie hast du dich auf die Mentoring-Gespräche vorbereitet?

M: Unterschiedlich. Auf das erste Mentoring-Gespräch habe ich mich sehr gut vorbereitet. Ich habe meiner Mentorin Unterlagen zu meiner Person geschickt, also wer ich bin, was wichtige Stationen und Ereignisse in meinem Leben waren. Es hat mir total geholfen, dass es für die Vorbereitung auf das erste Gespräch von euch bereitgestellte Dokumente gab. Da konnte ich einige Fragen durchgehen. Bei mir hat es 2 bis 3 Stunden gedauert, um mir meiner Ziele bewusst zu werden und um zu schauen, was ich von meiner Mentorin möchte. Ich habe ihr das dann vorher zugeschickt und sie konnte schauen, was sie davon leisten kann. Das war die Vorbereitung auf das erste Gespräch.

Da ich ein Mensch bin, der sich gern ausführlich vorbereitet und mir lieber zu viel als zu wenig Arbeit mache, habe ich von einer Mentorin gesagt bekommen, dass ich für das nächste Meeting nichts vorbereiten soll. Meine Aufgabe war es, mich 10 Minuten vorher hinzusetzen und mich zu fragen, was jetzt eigentlich das Wichtige ist. Sie hat schon einige Erfahrungen als Mentorin gesammelt und wusste daher genau, dass mir das mehr helfen würde.

Zur Nachbereitung habe ich auch die Dokumente von MeCoSa genutzt. Nach jeder Mentoring-Sitzung habe ich das Kurzprotokoll ausgefüllt, um zu wissen, welche Themen wir besprochen haben, welche wichtigen Erkenntnisse ich daraus mitgenommen habe und welche Aufgaben ich mir mitnehme. So ist meine Vorgehensweise mit einer der Mentorinnen. Mit der anderen Mentorin ist es wieder ganz anders. So unterschiedlich wie die Vorgehensweisen und die Inhalte sind, so unterschiedlich ist auch meine Vorbereitung. Während ich bei den Treffen mit der einen Mentorin online ganz viel mitschreibe, schreibe ich bei der anderen alles Wichtige in einem Heft auf. Eine der Mentorinnen gibt mir Aufgaben auf, die andere nicht, da gebe ich mir selbst Aufgaben.

Ich habe gemerkt, man kann es sehr unterschiedlich machen und ich glaube, es ist auch für jede Mentoring-Beziehung unterschiedlich. Das sollte man sowohl auf die Mentorin und sich selbst anpassen, als auch auf die Themen, die man bespricht.

 

I: Wir haben das Programm ja durch eine Trainerin begleiten lassen. Du bist aber erst später dazugekommen. Wie war der spätere Einstieg für dich und konntest du noch von den Mentoring-Veranstaltungen profitieren?

M: Die Eröffnungsveranstaltung habe ich leider nicht mitbekommen. Ich war dann ab der zweiten Mentoring-Veranstaltung dabei. Da hatte ich selbst noch keine Mentorin. Dementsprechend konnte ich noch nicht so viel in den Austausch gehen, aber es hat geholfen, ein Grundverständnis dafür zu bekommen. Mentoring bedeutet, dass die Mentees sich entwickeln möchten, dass sie die Themen mitbringen, dass sie das Ganze vorbereiten, nachbereiten und dass die Mentor*innen sich die Zeit dafür nehmen, aber nicht diejenigen sind, die den Aufwand in diesem Sinne haben sollen.

Ich glaube, hätte ich MeCoSa früher entdeckt und dementsprechend auch eher Mentorinnen gesucht, dann wäre das für mich auch unheimlich praktisch gewesen, gerade wenn man parallel dazu einsteigt. Ich fand es praktisch, dass man immer Fragen stellen konnte.

Am besten fand ich, dass ich immer zu dir kommen konnte, wenn ich Fragen hatte und ihr so einen großen Pool an Informationsmaterial, Vor- und Nachbereitungsdokumenten und die Vorlage für eine erste E-Mail an die Mentor*innen hattet. Das hat mir am meisten geholfen - so stand ich nicht ganz alleine da.

 

I: Uns war es wichtig, dass die Mentees selbst ihre potenziellen Mentor*innen anschreiben bzw. kontaktieren. Für manche ist das eine große Hürde. Wie war das für dich?

M: Ich glaube, das ist ein schöner persönlicher Lerneffekt, weil man merkt, dass man einfach jemanden anfragen darf und sich gar nicht so klein fühlen muss. Im Normalfall kostet Hilfe immer etwas, aber beim Mentoring ist es ein anderes Prinzip.

Die Person, die man fragt, hat bereits viele Erfahrungen gesammelt, von denen man als Mentee profitieren kann. Natürlich muss sich die Mentorin auch Zeit dafür nehmen.

Das Gefühl sie gefragt zu haben und ein Ja als Antwort zu bekommen, ist großartig. Und selbst wenn sie nein gesagt hätte, wäre es ok gewesen. Ich habe von ein paar anderen Mentees gehört, dass es auch mal eine Absage gab. Die angefragten Mentor*innen hätten es sofort gemacht, wenn sie die Zeit dazu gehabt hätten. Es lag also nicht daran, dass man es als Mentee nicht wert gewesen wäre.

Das Gefühl zu bekommen, es einer anderen Person wert zu sein, dass man unterstützt wird, gibt einen Push im Selbstwertgefühl und hilft einem selbst weiter voranzukommen.

 

I: Du warst ja bei der zweiten Mentoring-Zwischenveranstaltung dabei, als auch die Mentorinnen teilgenommen haben. Wie hast du das empfunden?

M: Es war schön, andere Mentorinnen zu erleben und zu schauen, wie sie die Sache angehen. Es gab Kleingruppengespräche, die einem weitergeholfen haben. Es war gut, dass sich die Mentor*innen Zeit für explizite Fragestellung genommen haben und auf Hindernisse und Problemstellungen eingegangen sind.

 

I: Könntest du dir vorstellen, dich selbst einmal als Mentorin zur Verfügung zu stellen?

M: Ich glaube, jetzt noch nicht, aber auf alle Fälle in der Zukunft. Gebt mir noch zwei, drei Jahre, dann auf alle Fälle. Ich weiß, wie viel es mir selbst bringt. Ich würde mich freuen meine Erfahrungen in der Zukunft ebenso weitergeben. Und ich verstehe jetzt auch, was es braucht, um eine Mentorin zu sein. Im Sinne von: Es ist wichtig, wen man sich aussucht. Seine eigenen Erfahrungen zu teilen und weiterzugeben ist erstens ein schönes Gefühl und zweitens eine tolle Austauschmöglichkeit.

 

I: Was würdest du zukünftigen Mentees mit auf den Weg geben?

M: An diejenigen, die noch überlegen, ob sie ein Mentoring machen wollen oder nicht - macht es einfach! Es gibt nichts zu Verlieren. Du kannst daran nur wachsen, gewinnen und vorankommen. Die Mentorinnen nehmen sich die Zeit und helfen dir auf deinem persönlichen Weg, dich zu deinem bestmöglichen Ich zu machen. Da kann man nur Ja sagen. Und was ich noch mit auf den Weg geben möchte: Augen auf bei der Mentorinnen-Wahl. Aber nicht im Sinne von „Vorsicht“, sondern im Sinne von „Schau es dir an, fühl hinein“. Wenn die richtige Mentorin oder der richtige Mentor vor einem steht, dann merkt man das.

 

 

 

Letzte Änderung: 25.03.2024 - Ansprechpartner: Webmaster